Wie Frauen heute an der Universität Graz studieren, forschen und managen, zeigen anlässlich des Jubiläums stellvertretend fünf Porträts.
Die Serie startet mit Lisa Schantl, sie studiert Anglistik und Amerikanistik.
Wie war deine Anfangszeit als Studentin an der Uni Graz?
Ich bin die Erste meiner Familie, die jemals eine Uni von innen betreten hat. Dementsprechend war es natürlich herausfordernd, das Konzept an sich selbst zu verstehen und zusätzlich seinen Verwandten mitzuteilen, was man eigentlich an der Uni macht. Ich studiere Anglistik/Amerikanistik und bin immer sehr bemüht, mich auch außerhalb dieser Themengebiete weiterzubilden. Zum Beispiel waren für mich die Lehrveranstaltung Medienwissenschaften als Freies Wahlfach extrem spannend oder am TIMEGATE das kleine BWL-Modul. Ein Studium bietet so viel mehr als die Pflichtveranstaltungen!
Innerhalb des Studiums warst du auch ein Jahr im Ausland. Wie war diese Zeit für dich?
Mein Auslandaufenthalt in Montclair war bildlich gesprochen der Türöffner für mich. Ich habe die Zeit vor allem genutzt, ich selbst zu sein und mich auf neue Erfahrungen einzulassen. Als sehr selbstständige und orientierungsbewusste Person tat mir dieser Ortswechsel gut und eröffnete mir ganz neue Perspektiven. So kam mir auch die Idee zu meinem Literaturmagazin Tint Journal.
Wie das?
Ich bin in einem Kurs anders beurteilt worden als meine Mitstudierenden, allein weil ich keine Muttersprachlerin war. Nach diesem Erlebnis habe ich viel bewusster auf die Vorurteile in Bezug auf sprachliche und kulturelle Herkunft geachtet. Auslöser war dann ein Publishing Kurs in Los Angeles, bei dem ich plötzlich die Eingebung hatte: „Ein Literaturmagazin! Das ist es! Das ist die Lösung!“
Als ich wieder zurück nach Österreich kam, ließ mich diese Idee nicht los. Ich arbeitete immer wieder an dem Projekt, ein Literaturmagazin für auf Englisch schreibende AutorInnen zu kreieren, deren Muttersprache nicht Englisch ist. Schlussendlich erschien im Februar 2019 die erste Ausgabe und im September 2019 gründete ich gemeinsam mit Andrea Färber den Verein Tint.
Was braucht man deiner Meinung nach als Person, um ein Unternehmen zu gründen?
Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man mit offenen Augen durch sein näheres Umfeld geht. Man sollte vieles auf einer reflektierten und weniger persönlichen Ebene betrachten. Dann braucht man eine gewisse Aufgeschlossenheit, um mit anderen Personen ins Gespräch zu kommen. Allein kann man sich viel denken, aber der Austausch ist wichtig, um die eigene Idee in die Realität umzusetzen. Die wichtigsten Komponenten sind aber ein bisschen Mut und viel Durchhaltevermögen, ohne das kann nichts Großes entstehen. Wenn man selbst etwas startet, muss man damit rechnen, dass es eine Zeit lang mit einem selbst steht und fällt.
Was würdest du jeder Frau raten, die selbst ein Unternehmen gründen will?
Ich persönlich halte nicht viel von der Binarität zwischen Frau und Mann. Wenn man sein Projekt dann aber bei diversen Einrichtungen vorstellt, wird man schon manchmal in eine Geschlechterrolle geworfen – und sei das auch nur das Gefühl als Gründerin anders angesehen zu werden als der Gründer neben einem. Am wichtigsten in meinen Augen ist jedoch der Balance-Akt, den man machen muss: Man darf sich nicht verbiegen lassen, sondern muss wandeln und wachsen. Eine gewisse Sensibilität im Ausdruck, wie man sich und sein Projekt vorstellt, ist über kurz oder lang ein Teil zum Erfolg – da spreche ich aber für alle Geschlechter.
Wer nun mehr über Lisa Schantls Erfolgsgeschichte hören möchte, kann in die AirCampus-Folge „Ti(n)t for tat“ reinhören.