Von Verwaltungsakten und Protokollen bis hin zu den Unterlagen herausragender Forscher:innen – das, was in einem Universitätsarchiv aufbewahrt wird, dokumentiert Wissenschaftsgeschichte. Und auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: „Für uns gilt genauso das Motto der Uni Graz ,We work for tomorrow‘. Denn wir sammeln und erhalten Forschungsmaterial für die Zukunft“, sagt Christine Rigler, Leiterin des Universitätsarchivs.
Was jahrhundertelang auf Papier festgehalten wurde, findet sich heute zunehmend auf diversen Datenträgern. Das betrifft auch die Weitergabe und den Austausch von Informationen. „E-Mails decken große Bereiche der ehemals telefonisch und brieflich geführten Kommunikation ab. Unter anderem sind sie wesentliche Bestandteile in Privatarchiven von Professor:innen, die wir unbedingt erhalten wollen“, betont Rigler. Ein Beispiel dafür ist der Vorlass der Theologin und Frauenforscherin Irmtraud Fischer, der in diesem Jahr an das Archiv übergeben wurde. Als erste habilitierte Theologin Österreichs ist Fischer eine Pionierin der Genderforschung in Verbindung mit der Alttestamentlichen Bibelwissenschaft.
Digitale Daten brauchen Wartung
Auf den ersten Blick scheint die Digitalisierung das Archivieren enorm zu erleichtern. Dateien können einfacher und vor allem viel platzsparender aufbewahrt werden. Gleichzeitig aber stellen sich damit ganz neue Herausforderungen, die bislang zu wenig bedacht wurden. „Digitale Daten müssen kontinuierlich gewartet werden, damit sie zugänglich bleiben. Sonst sind sie infolge technologischer Weiterentwicklungen bald nicht mehr lesbar“, verweist Rigler auf ein Problem, das unter anderem am Beispiel der CD deutlich wird.
Während man sich dessen im angloamerikanischen Raum schon seit Längerem bewusst ist und entsprechende Lösungen entwickelt hat, wurde das Thema andernorts, so auch in Österreich, auf die lange Bank geschoben. Doch die Zeit drängt. An der Universität Graz etwa war die Einführung des Informationsmanagementsystems UNIGrazonline 2005/06 eine Zäsur. Seit damals sind die Vorlesungsverzeichnisse nur mehr digital zugänglich, und die Studierenden- und Personalverwaltung wurde nach und nach in den elektronischen Bereich verlagert. „Wenn wir nicht rasch handeln, besteht die Gefahr, dass die Überlieferung ab diesem Zeitpunkt lückenhaft wird“, warnt Rigler.
Mittlerweile ist das so gut wie allen klar. Das zeigt das große Interesse an einer Tagung, die sich von 11. bis 12. Mai 2023 dieser Problematik widmet. Sie wird von den Universitätsarchiven der Uni Graz und der TU Graz in Zusammenarbeit mit dem Verband Österreichischer Archivarinnen und Archivare organisiert. Internationale Best-Practice-Beispiele, wie etwa Erfahrungen der University of Manchester mit der Archivierung von E-Mail-Accounts, sollen dabei helfen, auch für die eigenen Institutionen geeignete Lösungen zu finden.
„Wir brauchen so schnell wie möglich ein digitales Langzeitarchivierungssystem mit einem automatisierten Workflow, der die Daten ständig kontrolliert und in Bezug auf ihre Zugänglichkeit wartet, das heißt, sie, wenn nötig, in neuere Anwendungen migriert“, erklärt Rigler. „Da dies alle Universitäten betrifft, wäre ein gemeinsames Vorgehen sinnvoll und kostensparend – auch ein österreichisches Verbundsystem wie in Bayern oder Baden-Württemberg wäre denkbar“, so die Leiterin des Archivs der Uni Graz.