Woraus besteht unsere Welt? Entsprechen die herkömmlichen Vorstellungen von Elementarteilchen wie Quarks und Elektronen tatsächlich der Realität? „Wenn wir unsere Theorien ernst nehmen, bekommen wir ein neues Bild von den Grundbausteinen des Universums, das unser Konzept von den Naturgesetzen auf den Kopf stellt. Wir müssen unsere Welt neu denken“, sagt Axel Maas, Physiker an der Universität Graz. Gemeinsam mit Philipp Berghofer vom Institut für Philosophie und internationalen Kollegen löst der Forscher Widersprüche zwischen der Theorie und der bisherigen Interpretation von Experimenten auf. Die interdisziplinäre Arbeit ist als Buch im Wissenschaftsverlag Cambridge University Press erschienen.
Glaubt man populärwissenschaftlicher Literatur und Lehrbüchern der Physik, so ist unser Universum aus punktförmigen Teilchen zusammengesetzt. „Aus dieser Annahme ergibt sich jedoch ein Problem mit der Theorie“, so Maas und Berghofer. „Denn wenn wir ihr konsequent folgen, dann müssen die elementaren Bausteine, die wir beobachten, komplexere Objekte sein, die eine Struktur und Ausdehnung haben.“
Bereits in den 1970er- und 80er-Jahren diskutierten Physiker:innen die Existenz komplexer Elementarteilchen. Aber weil experimentelle Beobachtungen eine vereinfachte Interpretation erlaubten, wurden diese Überlegungen ad acta gelegt. Anders in der Philosophie, die der Physik stets den Vorwurf machte, nicht genau hinzuschauen und ihre Deutungen sowie deren Widerspruch zur Theorie nicht weiter zu hinterfragen.
Mit ihrer Publikation zeigen die Autoren nun auf Basis von Arbeiten aus der Physik der letzten 50 Jahre eine konstruktive Lösung für das Problem auf: „Wir geben das Bild von punktförmigen Elementarteilchen auf und beschreiben sie komplett neu als ausgedehnte Objekte“, erklärt Maas. „Das hat weitreichende Konsequenzen für unser Verständnis von der Welt und ihren Naturgesetzen.“
Noch lässt sich das mangels technischer Möglichkeiten durch Beobachtungen nicht sicher bestätigen. „Aber die Wahrscheinlichkeit, dass wir in zukünftigen Experimenten mit einer neuen Generation von Teilchenbeschleunigern die Unterschiede deutlich sehen werden, weil wir den Durchmesser von Teilchen messen können, ist relativ hoch“, gibt sich Maas zuversichtlich. „Dann müssen die Lehrbücher umgeschrieben werden.“
Publikation
Gauge Symmetries, Symmetry Breaking, and Gauge-Invariant Approaches
Philipp Berghofer, Jordan François, Simon Friederich, Henrique Gomes, Guy Hetzroni, Axel Maas, René Sondenheimer
Cambridge Elements