Schläft es sich wirklich besser, mit einem Haufen Geldscheinen unter dem Kopfpolster? Das muss wohl jeder für sich selbst entscheiden – was allerdings klar ist: Das Bett, die Matratze, der Kasten sind nicht die richtigen Orte für Ersparnisse. Doch viele Menschen sind überfordert bei der Frage, was man mit den angesparten Rücklagen machen soll. Sparbuch, Bausparer, Edelmetall, Lebensversicherungen, Fonds oder sogar Aktien und andere Wertpapiere: Die Auswahl ist groß und all diese Anlageformen haben je nach Lebenssituation ihre Vor- und Nachteile, worüber aber nur die wenigsten Bescheid wissen.
„Als Bildungseinrichtung mit einer langen Tradition in den Finanzwissenschaften ist es der Universität Graz ein großes Anliegen, einerseits möglichst vielen Menschen fundiertes Finanzwissen zugänglich zu machen. Andererseits und genauso wichtig ist der Transfer von Wissen in die Gesellschaft und Wirtschaft, damit Innovationen entstehen können“, erklärt Rektor Peter Riedler. Eine solche Innovation ist die Webseite fit2invest, die zusammen mit der Raiffeisenlandesbank (RLB) Steiermark in einem Projekt entwickelt wurde. Hier können Interessierte spielerisch ihr Know-how testen und ausbauen.
Der Anstoß für das Projekt seitens der RLB kam eigentlich aus den vielen Beratungen der Bankbetreuer:innen, erklärt Martin Schaller, Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank Steiermark. „In vielen Beratungsgesprächen haben wir gemerkt, dass es einen großen Bedarf an der Steigerung von Finanzkompetenzen seitens der Kundinnen und Kunden gibt. Speziell im Veranlagungs- und Wertpapierbereich fehlt es oft noch an dem nötigen Wissen. Als Hausbank der Steirerinnen und Steirer sehen wir unsere Kundschaft stets im Mittelpunkt, daher erweitern wir stetig unsere digitale Produktpalette, damit wir sie in ihrem finanziellen Alltag gezielt unterstützen können.“
Wissen teilen – Finanzwissen stärken
„Als Universität geht es uns vor allem um die Vermittlung von grundlegenden Informationen über die Finanzwelt und nicht darum, eine einzelne Anlageform zu bewerten. So verbinden wir im Rahmen dieses Projektes die praktische Erfahrung aus der Bankenwelt mit den jüngsten Erkenntnissen der Wissenschaft,“ betont Rektor Riedler. Den wissenschaftlichen Input für das Spiel hat Stefan Palan vom Institut für Banken und Finanzierung an der Uni Graz geliefert. „fit2invest soll das Verständnis für die Abläufe in Kapitalmärkten fördern.“ Wer sich einloggt und sich dann für eine bestimmte Veranlagungsform samt Laufzeit entscheidet, erlebt in einem zufällig ausgewählten historischen Zeitraum zwischen 1972 und heute, wie sich sein Vermögen im damaligen Markt entwickelt hätte.
„Das neue daran ist, dass man nur in wenigen Minuten Spielzeit bis zu 30 Jahre historischer Entwicklungen an der Börse erleben kann“, erklärt Roland Roitner, Veranlagungsexperte und Mitentwickler des Finanzsimulators der RLB Steiermark. Dabei kann der:die User:in jederzeit über das eigene Geld verfügen und es etwa aus einem Fonds herausnehmen und auf ein Sparbuch legen. „Der Clou dabei ist: In welchem historischen Zeitraum man agiert, wird erst am Ende enthüllt. Das heißt, während man Veranlagungsentscheidungen trifft, besteht wie im echten Leben Unsicherheit darüber, wie sich die Märkte entwickeln werden“, berichtet Palan.
Zum Abschluss des Spiels gibt es Feedback über die Auswirkungen der einzelnen Entscheidungen in einem ausführlichen persönlichen Investment-Report. Dieser fasst das Ergebnis zusammen und liefert Hintergrundinformationen zum Veranlagen in Wertpapieren.
In Trainingseinheiten zu den Themen Kaufkraft, Inflation, Wertschwankungen und Streuung bei der Geldanlage können sich die Spieler:innen zusätzlich Finanzwissen aneignen. Stefan Palan zeichnet mit seinem verhaltenswissenschaftlichen Know-how für die verständliche, spielerische Aufbereitung der komplexen Inhalte verantwortlich.
In einer Bachelorarbeit wurde auch die Effektivität von „fit2invest“ überprüft. 167 Personen nahmen an einer Online-Befragung teil. Ein Teil davon hatte zuvor das Spiel gespielt, der andere nicht. Dabei zeigte sich, dass das Spiel gut geeignet ist, um Finanzwissen zu vermitteln. Mit Blick auf die nationale Finanzbildungsstrategie der österreichischen Bundesregierung wird nun auch an einer Version des Spiels für den Schulunterricht gearbeitet.
Wobei auch dieses Spiel eine Frage nicht beantworten kann: Welche Sparform und welche Bank sind denn nun die beste? „Das hängt von vielen verschiedenen, persönlichen Faktoren ab, etwa dem Alter, den verfügbaren finanziellen Mitteln, der Lebenssituation sowie der persönlichen Risikobereitschaft“, erklärt der Wissenschaftler.
„Gewisse Grundprinzipien gelten jedoch für alle gleichermaßen. Diese wollen wir als Universität möglichst vielen Menschen näherbringen.“ Es geht aus Sicht der Universität Graz darum, dass die Menschen bewusst und gut informiert über ihre Finanzen entschieden. Dazu will die Universität Graz mit fit2invest jedenfalls unbeeinflusst beitragen.