Wenn Arsen im Reis das Leben von Menschen und Tieren in Bangladesch gefährdet. Wenn zu viel Quecksilber im Meer massenhaft Wale stranden lässt. Wenn Verpackung das Take-away-Menü „vergiftet“. Dann kommt die Forschung von Jörg Feldmann ins Spiel. Der Umweltchemiker arbeitet seit Oktober 2020 als Professor für Analytische Chemie an der Universität Graz.
Wovor andere lieber die Finger lassen, hat Jörg Feldmann seine mittendrin: giftige Substanzen. „Mich interessiert, wie toxische Elemente mit Lebewesen und Lebensmitteln interagieren“, erklärt der Forscher. So beschäftigt sich Feldmann mit Arsen – für ChemikerInnen an der Universität Graz ein Spezialthema. „Aufgrund unserer Arbeit hat sich sogar ein europäisches Gesetz zum Arsengehalt in Reis geändert“, erinnert der Wissenschafter. Zurzeit gehen er und sein Team gemeinsam mit der Universität Cambridge der Frage nach, wie sehr Arsen Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Bangladesch beeinflusst. „Es gibt Probleme mit Arsen im Trinkwasser, das in den Reis gelangt, der wiederum weiter als Nahrung verkocht, an Tiere verfüttert und als Stroh verheizt wird.“
Quecksilber in Walen
Eine toxische Spur verfolgt Feldmann bei gestrandeten Walen, die immer öfter für Schreckensmeldungen sorgen. „Die Quecksilber-Konzentration im Meer hat sich erhöht, wird in der Nahrungskette angehäuft und dürfte in den Selen-Haushalt der Tiere eingreifen. Die entstehenden Quecksilber-Selen Nanopartikel im Gehirn sind Auswirkungen eines Entgiftungsprozesses, kann Selenmangel hervorrufen und steht möglicherweise mit Epilepsie in Verbindung.“
Chemie in der Verpackung
Ob Seetang vielleicht das Nahrungsmittel des 21. Jahrhunderts wird, untersucht der Umweltchemiker ebenso wie perfluorierte Verbindungen, die sich in Teflon, Goretex und Verpackungen von Take-away-Menüs wiederfinden – gerade in Zeiten von Corona ist diese Essensform ja sehr beliebt. Feldmann: „Jede Pizza-Box hat eine fett- und wasserabweisende Schicht, deren Substanzen in die Blutkreislaufbahn übergehen. Insgesamt gibt es 4700 solche chemischen Verbindungen, davon sind lediglich zwei verboten. Wir wollen uns das daher ganzheitlich anschauen“, plant Jörg Feldmann eine eigene Forschungsgruppe in Zusammenarbeit mit der Industrie.
Weltweit vernetzt
Die globale Komponente spiegelt sich nicht nur in seinen Projekten wider. Auch in seiner Laufbahn. Der Neu-Brite, der in Deutschland geboren wurde, war unter anderem in Südafrika, Kanada und zuletzt 23 Jahre an der schottischen Universität in Aberdeen (UK) tätig. „Diese Erfahrungen, auch zum akademischen Betrieb, sowie die internationalen Kooperationen will ich an der Universität Graz einbringen.“