86 Jahre ist es her, dass jüdische Studierende und Lehrende von der Universität Graz vertrieben worden sind. Eine war Gisela Kaufmann. Die Studentin konnte trotz ihrer Blindheit und der antisemitischen Verfolgung durch das NS-Regime 1938 ihre Promotion abschließen. Mitte September reiste nun ihre Familie aus Kanada an, um den Stolperstein zu besuchen und der Erinnerung an Gisela Kaufmann neuen Raum zu geben. Unter den Gästen befand sich Reuben Kaufman, der Sohn ihres älteren Bruders und emeritierter Biologie-Professor der University of Alberta, zusammen mit seiner Partnerin und seinen Töchtern Naomi und Rachel. Gemeinsam legte die Familie Blumen und Steine am Stolperstein vor dem Hauptgebäude nieder, danach lud Rektor Peter Riedler die Angehörigen in den Senatssaal der Universität ein.
Im Gedenken
Nachdem Gisela Kaufmann im jungen Alter erblindet war, entschied sie sich für ein Germanistikstudium an der Universität Graz. Zwischen 1931 und 1935 studierte sie als ordentliche Hörerin an der Philosophischen Fakultät, danach widmete sie sich intensiv ihrer Doktorarbeit zur Lyrik Eduard Mörikes. Doch mit dem „Anschluss“ Österreichs und der damit einhergehenden antisemitischen Verfolgung endeten ihre akademischen Träume abrupt. Trotzdem gelang es ihr, noch 1938 zu promovieren, allerdings „still“, ohne feierlichen Akt, wie es für jüdische Studierende vorgeschrieben war. Gisela Kaufmann verstarb im Oktober 1941 in Wien, als die systematische Ermordung jüdischer Menschen durch das NS-Regime begann.
Ihre und die Geschichte Irene Ransburgs, ein weiteres blindes Opfer des NS-Regimes, wurden in einer Gedenkpublikation festgehalten. Marco Jandl vom Centrum für jüdische Studien der Uni Graz und Birgit Roth, Obfrau Verein für Gedenkkultur, sind Herausgeber:innen dieses Buches.