Mit aufgeschlagener Bibel und Federkiel: So entwarf der Playmobil-Konzern anlässlich des Jubiläums „500 Jahre Reformation“, das 2017 begangen wird, seinen Martin Luther. Die laut Hersteller erfolgreichste Spielfigur aller Zeiten – eine Million Mini-Reformatoren wurden bereits verkauft – verdeutlicht, dass die Ereignisse des Jahres 1517 bis heute nachwirken, und zwar in verschiedenster Weise.
Dass es überhaupt zu dieser Bewegung kam, ist der Verknüpfung mehrerer, nicht nur theologischer Faktoren geschuldet, erklärt Univ.-Prof. DDr. Pablo Argárate, Leiter des Instituts für Ökumenische Theologie, Ostkirchliche Orthodoxie und Patrologie der Uni Graz: „Der richtige Mensch griff zum passenden Zeitpunkt eine lange gärende Entwicklung auf und wurde zudem von Herrschenden gefördert.“ Das neue Medium Buch beschleunigte die Verbreitung Luthers Ansichten maßgeblich, darunter auch die berühmten 95 Thesen, die er am 31. Oktober 1517 in Umlauf brachte. Der Theologe kritisierte darin den Ablasshandel und war außerdem überzeugt, dass Gott vor allem barmherzig ist. „Revolutionär an Luthers Ideen war, dass das Individuum – und sein Gewissen – im Mittelpunkt stand und keine vermittelnde Instanz zwischen Gott und den Menschen mehr nötig war“, erklärt Argárate. „Die Reformation hat daher ganz wesentlich dazu beigetragen, das Ende des Mittelalters und den Beginn der Neuzeit einzuläuten.“
Luther stellte mit seinen Überzeugungen aber nicht nur die katholische Kirche auf den Kopf, sondern prägt durch seine Übersetzung der Bibel auch die deutsche Sprache bis zum heutigen Tag. Begriffe wie „Lückenbüßer“, „Machtwort“, „Feuereifer“ oder „Lästermaul“ gehen auf ihn zurück, ebenso geflügelte Worte wie „im Schweiße des Angesichts“, „Wolf im Schafspelz“ oder „sein Licht unter den Scheffel stellen“. Eine Zunahme der Bildung sieht Argárate ebenfalls als „Nebenwirkung“ der Reformation: „Weil die Bibel wesentlich für die Beziehung zu Gott ist, kommt dem Buch und dem Lesen eine große Bedeutung zu. In diesem Sinne beschleunigte der Buchdruck diese Entwicklung.“ Die zentrale Botschaft der Reformation(en) für die heutige Welt, wie auch des Christentums schlechthin, lässt sich in drei Punkten zusammenfassen: Versöhnung, Barmherzigkeit und die unantastbare Menschenwürde. „Nach biblischem Glauben sind wir alle nach Gottes Abbild geschaffen. Besonders in Zeiten des erstarkten Nationalismus ist das ein wichtiger Gedanke“, schlägt Argárate die Brücke zur Gegenwart.
Dienstag, 31.10.2017