Anna ist Spanierin, Tomas Chilene. Beide forschen an der Universität Graz für ihre Doktorarbeit zu Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Konzept der Kreislaufwirtschaft, englisch Circular Economy. Im Bemühen, die Treibhausgasemissionen zu senken, ist sie von großem Interesse. Ihr Ziel: Ressourcen möglichst effizient zu nutzen und Abfall zu minimieren. Als StipendiatInnen des von der EU geförderten internationalen PhD-Netzwerks „Circular Economy: Sustainability implications and guiding progress (CRESTING)“ haben Anna Diaz Tena und Tomas Santa Maria Gonzalez die Universität Graz gewählt, weil sie hier ein exzellentes Forschungsumfeld vorfinden.
Entscheidungshilfe für nachhaltiges Produktdesign
Wiederverwenden, reparieren, recyceln – es gibt verschiedene Strategien, Ressourcen zu sparen. Für welche soll sich ein Unternehmen beim Design seiner Produkte entscheiden? Sollen sie so beschaffen sein, dass sie möglichst lange halten oder doch lieber einfach zu recyceln sein? Derzeit haben Firmen noch keine Möglichkeit, vorab zu beurteilen, welche Strategie in ihrem Fall die vorteilhaftesten ökologischen und sozialen Auswirkungen hätte. Anna Diaz Tena möchte mit ihrer Forschung die Grundlagen für die Entwicklung eines solchen Bewertungstools schaffen. Es soll den Unternehmen als Entscheidungshilfe dienen.
Herkömmliche Analyse-Werkzeugen wie etwa das „Life Cycle Assessment“ seien dafür ungeeignet. „Ein Problem ist, dass diese eine große Menge an Daten benötigen, die vor dem Entwicklungsprozess noch nicht vorhanden sind“, erklärt Anna. Für ihre Dissertation hat sie Produkt-DesignerInnen aus der Automotive-, Luftfahrt- und Elektronik-Industrie interviewt, um Probleme im Prozess der Entwicklung nachhaltiger Produkte zu identifizieren. Berücksichtigung finden dabei unter anderem die mit der Erzeugung verbundenen Emissionen und Rohstoffe, aber auch Aspekte wie fairer Lohn oder Kinderarbeit.
Unterstützung im Innovationsprozess
Jedes Unternehmen, das den Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft gehen will, muss sein Geschäftsmodell innovativ weiterentwickeln. In diesem Prozess gibt es Herausforderungen, mit denen alle Firmen konfrontiert werden. Diese untersucht Tomas im Rahmen seiner Doktorarbeit. Seine Forschungsergebnisse sollen dazu beitragen, den Innovationsprozess besser zu verstehen, und zur Erarbeitung von Richtlinien führen, die Unternehmen darin unterstützen.
Möglichkeiten, Prinzipien der Kreislaufwirtschaft umzusetzen, gibt es viele. So nimmt zum Beispiel IKEA alte Möbel zurück, renoviert sie und verkauft sie noch einmal zu einem niedrigeren Preis. Philips hingegen setzt auf das Produkt-Service-System. Die Firma versorgt den Amsterdamer Flughafen Schiphol mit Licht. Bezahlt wird die Dienstleistung. Um größtmöglichen Gewinn aus dem Geschäft zu ziehen, verwendet Philips langlebige, energiesparende Komponenten.
Tomas Santa Maria Gonzalez hat Unternehmen der Textil-, Möbel-, Elektronik- und Recycling-Branche für seine Fallstudien herangezogen und detaillierte Informationen über den Innovationsprozess sowie über die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Konsequenzen gesammelt. „Über innovative Geschäftsmodelle, die den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft folgen, gibt es viel Literatur. Wie der Weg dorthin aussieht, wurde bisher aber kaum untersucht“, verweist Tomas auf eine Forschungslücke und zugleich auf die Bedeutung seiner Arbeit. Praktisch umsetzen kann er sein Wissen im Rahmen eines Praktikums bei der Firma Saubermacher, für die er Vorschläge zur Optimierung des Geschäftsmodell hinsichtlich Circular Economy erarbeitet.
Bei ihrer Forschung werden Anna und Tomas von Rupert Baumgartner am Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung unterstützt. Er leitet das Christian Doppler Labor für Nachhaltiges Produktmanagement in einer Kreislaufwirtschaft, das den beiden durch wertvolle Synergien beste Voraussetzungen für ihre Arbeit bietet.