Österreich nimmt mit seinem derzeit geltenden Islamgesetz ein Sonderstellung in Europa ein: In keinem anderen westlichen Land gibt es vergleichbare Anstrengungen, eine gleichberechtigte Ko-Existenz von MuslimInnen und ChristInnen rechtlich zu sichern. Die Bemühungen gehen bis ins Jahr 1912 zurück: Damals trat nämlich das Islamgesetz in Österreich in Kraft.
Seitdem hat sich der Islam mit aktuell rund 519.000 AnhängerInnen zur zweitgrößten Glaubensgemeinschaft Österreichs entwickelt. MuslimInnen sind eine wichtige politische, wirtschaftliche und kulturelle Kraft geworden. Doch wie sind die teils streng ausgelegten Vorgaben der islamischen Scharia mit dem österreichischen Rechtstaat zu vereinen?
Dazu diskutierten vergangene Woche in einer Veranstaltung der Sektion JUS CLUB des AbsolventInnen-Netzwerks alumni UNI graz Dr. Barbara Gartner, Amt der Kärntner Landesregierung, O.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Willibald Posch vom Institut für Zivilrecht , Ao.Univ.-Prof. Dr. Karl Prenner vom Institut für Religionswissenschaft und Em.Univ.-Prof. Dr. Christian Brünner vom Institut für Österreichisches, Europäisches und Vergleichendes Öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre der Uni Graz.
Willibald Posch zog das Fazit der Veranstaltung: "In manchen Bereichen kann das österreichische Recht Rücksicht auf islamische Verbote, wie etwa das Zinsverbot oder das Spekulations- und Glücksspielverbot, nehmen. Allerdings ist da, wo grundlegende inländische Wertvorstellungen verletzt werden, eine strikte Grenze zu ziehen. Zum Beispiel wird die im Islam anerkannte Verstoßung, die auch in Abwesenheit der Frau erfolgen kann, in Österreich nicht als rechtskräftige Scheidung anerkannt.“