„Bahnhöfe sind Durchgangsorte“, begründet Anke Strüver. „Sie sind Verkehrsknotenpunkte, an denen sehr viele Menschen zusammentreffen.“ Ankunft und Abfahrt von Menschen führten zu einer entsprechenden Infrastruktur mit Hotels, Gastronomie oder auch öffentlichen Toiletten. Das machte Bahnhöfe auch für jene attraktiv, die wie Obdachlose keinen Wohnraum haben.
Denn an Bahnhöfen habe jede:r eine Aufenthaltsberechtigung, so die Professorin am Institut für Geographie und Raumforschung. Das mache die Areale zudem zu einem sozialen Treffpunkt, der Gleichgesinnte anzieht. „Und aufgrund des ständigen Kommens und Gehens gibt es viel zu beobachten.“
Bahnhofvorplätze sind also öffentlicher Raum, der Anonymität und zugleich Schutz biete. Anke Strüver: „Für alle entscheidend, die nicht auffallen wollen, wie zum Beispiel Drogenabhängige.“ Das ziehe folglich Dealer und Prostitution an, was die Stadtforscherin als selbstverstärkende Effekte beschreibt. Verbunden mit der Gefahr, dass diese Viertel von der lokalen Bevölkerung als unsicher wahrgenommen werden.
Bahnhofsnahe Drogenkonsumräume in Hamburg und Frankfurt hätten das Problem nicht gelöst. Andernorts etwa in Zürich sei es gelungen, mit einem engmaschigeren Beratungsnetz und Therapievermittlung die Situation durch Dezentralisierung zu verändern. Der Hauptbahnhof in Wien, ehemals Südbahnhof, wiederum habe im Zuge des Umbaus nicht nur seine Funktion, sondern auch das umliegende Viertel, das zum Business-Hotspot mutierte, stark verändert.