Die Wissenschaft ist auf der Suche nach den fundamentalen Bausteinen des Universums. Als Albert Einstein vor 100 Jahren seine allgemeine Relativitätstheorie aufstellte, kam man der Lösung des Rätsels nach dem Ursprung des Universums, nach den Anfängen von Raum und Zeit, schon eine bedeutende Spur näher. Heute stehen die ForscherInnen so kurz wie noch nie zuvor vor der Beantwortung grundlegender Fragen. Das passende Stichwort dazu lautet: „Quantengravitation“.
Diese Theorie vereint die Effekte der Quantenphysik mit den Prinzipien der allgemeinen Relativitätstheorie und versucht zu verstehen, was die mikroskopische Struktur von Raum und Zeit ist. Eine Expertin auf diesem sich noch im Aufbau befindlichen Gebiet ist Dr. Astrid Eichhorn vom Imperial College London. Auf Einladung von Univ.-Prof. Dr. Reinhard Alkofer vom Institut für Physik der Karl-Franzens-Universität hielt das in der scientific community als „Shootingstar“ gehandelte Nachwuchstalent diese Woche eine Key Lecture an der Uni Graz. „The Fundamental Quantum Nature of Spacetime“ nannte sich die Vorlesung, die Eichhorn im Rahmen eines gemeinsam mit der TU Graz abgehaltenen Kolloquiums zur Struktur von Raum und Zeit hielt.
„Quantengravitation klingt abstrakt und kompliziert – dabei handelt es sich aber lediglich um die Vereinigung von physikalischen Prinzipien aus der Quantenmechanik und aus der Allgemeinen Relativitätstheorie. Beides sind Theorien, deren Erkenntnisse wir bereits in Alltagstechnologie nutzen“, unterstreicht Eichhorn den unmittelbaren Vorteil präziser physikalischer Kenntnisse. Ein Beispiel, wie die Prinzipien der Relativitätstheorie im Alltag wirken, sind GPS-Systeme. „Diese könnte niemals mit der notwendigen Genauigkeit funktionieren, wenn sie sich nicht das Phänomen der Zeitdilatation zunutze machen würden“, erklärt die Wissenschafterin. Der Begriff umschreibt die Tatsache, dass die Zeit langsamer vergeht, wenn man sich in einem Gravitationsfeld befindet. „Uhren nah an der Erdoberfläche gehen also langsamer als Uhren weiter weg, beispielsweise an Bord eines GPS-Satelliten“, schildert Eichhorn. Bessere mathematische Methoden erlauben es PhysikerInnen mittlerweile weltweit, Experimente durchzuführen, die vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar waren.
Damit wird nicht nur wissenschaftliche Neugier befriedigt, sondern es werden auch die Grundlagen für jene Techniken der Zukunft gelegt, die heute noch gar nicht vorstellbar sind, erklärt Eichhorn mit einem Beispiel: „Heinrich Rudolf Hertz konnte nicht wissen, dass rund 100 Jahre nach seinen Arbeiten zu elektromagnetischen Wellen dieses Wissen angewandt wurde, um Computern eine kabellose Kommunikation zu ermöglichen.“ Intrinsisches Interesse an den Bausteinen der Welt sei natürlich ausschlaggebend für die Verbesserung von Technologien, die uns das Leben erleichtern und Neues ermöglichen, unterstreicht Eichhorn. Die Forscherin macht sich aber auch für ein Arbeiten ohne konkrete Anwendungsmöglichkeit im Hinterkopf stark: „Ohne unseren ureigenen Wissendurst wäre die Menschheit nie so weit gekommen.“