Die Ausgangsfrage lässt sich recht kurz und knapp beantworten: Jede Person soll das ganz allein für sich und ihre unmittelbare Umgebung entscheiden. Das gilt sowohl für das Ob als auch für das Wie. Auch die üblichen Warnungen vor dem Überhandnehmen von „nur“ kommerziellen Aspekten sind mäßig sinnvolle Vorbehalte. Es ist der individuellen Entscheidung überantwortet. Damit verbunden ist selbstredend eine Absage an jegliche Form einer Zwangsverpflichtung: Im Zuge der schon länger schwelenden Diskussionen um kulturelle „Identität“ – die sich immer wieder mit der Religionsfrage verbindet – wurden zuweilen spezifische Traditionen als Identifikationsmarker herausgegriffen. Sie wurden dabei als Lackmustest für die Frage der Zugehörigkeit zu einer sehr eintönig homogenisiert herbeigesehnten Gesellschaft verstanden. Dieser Zwangscharakter scheint vor allem dem prinzipiellen Charakter von Weihnachten in seiner traditionellen christlichen Interpretation zu widersprechen.
Kritisch sollte man aber auch die umgekehrten Zugänge sehen. Das Weihnachtsfest vollständig zu entkernen beziehungsweise in einer Art vorauseilendem Gehorsam gänzlich zu problematisieren oder umzubenennen, weil es ja ein christliches Fest sei. Abgesehen davon, dass diese Eindeutigkeit gerade bei Weihnachten – im Unterschied übrigens zu Ostern – nur mehr bedingt gegeben ist, gilt: Wie auch immer man auf der individuellen Ebene mit diesem Fest umgeht, es ist nun einmal ein bedeutender Aspekt der soziokulturellen Landschaft in vielen Ländern dieser Erde – einschließlich Österreich. Das muss vor niemandem versteckt werden und lässt sich auch gut mit einer gewissen Offenheit für Festtraditionen anderer Religionen verbinden. Und auch hier sollte, wie oben beschrieben, die individuelle Entscheidungsfreiheit im Vordergrund stehen.
Franz Winter, Institut für Religionswissenschaft