Denn wer sich in kontroversen Debatten gut ausdrücken kann, verschafft sich damit auch Gehör.
„Fridays for Future hat uns inspiriert“, erinnert sich Schmölzer-Eibinger. „Dabei engagieren sich junge Menschen für ihre Zukunft.“ Diese Bewegung bildete schließlich den Ausgangspunkt, sich mit der Fähigkeit des Argumentierens zu beschäftigen und ein Projekt zu starten. „Denn wer sich in kontroversen Debatten gut ausdrücken kann, verschafft sich damit auch Gehör“, hält die Leiterin des Fachdidaktikzentrums Deutsch als Zweitsprache und Sprachliche Bildung fest. Schüler:innen erwerben damit Kompetenzen, die nicht nur für den Schulerfolg, sondern auch für gesellschaftliche Mitsprache und Teilhabe entscheidend seien.
Sollen wir auf Fast-Fashion verzichten?
Die Wissenschaftler:innen erarbeiteten am Beispiel des Klimawandels einen didaktischen Ansatz, der mit insgesamt 480 Schüler:innen der Sekundarstufe II in Österreich, Tschechien und den Niederlanden umgesetzt wurde. Projektmitarbeiterin Victoria Reinsperger: „Wir haben strittige Themen ausgesucht, die sich mit der Lebenswelt der jungen Menschen beschäftigen.“ Darunter: Sollen wir alle auf Fast-Fashion verzichten? Sollen Kurzstreckenflüge innerhalb von Europa verboten werden? Soll das Datenvolumen für Streaming begrenzt werden? Zu diesen Fragen haben die Sprachdidaktiker:innen Module entwickelt, durch die 14- bis 18-Jährige unter Anleitung der Lehrer:innen ihre Argumentationsfähigkeiten verbessern können.
Perspektivenwechsel
Drei Phasen legen dabei die Brücke vom sprachlichen zum schriftlichen Argumentieren. Die Schüler:innen lernen unter anderem in eine andere Rolle zu schlüpfen. “Man kann davon ausgehen, dass der Perspektivenwechsel die Fähigkeit des Konzedierens verbessert“, erklärt Sabine Schmölzer-Eibinger. „Das heißt, man räumt ein Gegenargument ein und macht der Gegenseite so ein Zugeständnis. Danach entkräftet man es durch ein starkes Argument für die eigene Position.“ Ein Zugang, der sich übrigens nicht auf Fragen rund um den Klimawandel beschränkt, sondern auch auf andere kontroversiell geführte Debatten umlegen lässt, ist die Sprachexpertin überzeugt.
Kostenlose Lernmaterialien
Neben den Lernmaterialien für die Schüler:innen hat das Projektteam auch Tools für die Aus- und Weiterbildung von Lehrenden erstellt. Schmölzer-Eibinger: „Die Lehrkräfte haben versichert, dass sie zum Klimawandel viele neue inhaltliche Impulse erhalten haben.“
Die Unterlagen werden kostenlos angeboten, allein auf der Webseite des Goethe-Instituts wurden die Dokumente rund 230.000-mal heruntergeladen.
Ausgezeichneter DiaLog
Bisherige Rückmeldungen bestätigen den Erfolg des Projekts. Die wissenschaftliche Evaluierung steht noch aus. „Es gibt aber bereits erste Hinweise, dass sich die schriftlichen Argumentationsfähigkeiten mit diesem Modell verbessern“, weiß Victoria Reinsperger. Für ihre Dissertation wertet sie dazu gerade die Daten von sechs Schulklassen aus.
Eine bedeutende Anerkennung erfuhr das Projekt Anfang Dezember 2024 in Wien. Sabine Schmölzer-Eibinger nahm den „Erasmus+“-Award im Bereich Schulbildung in der Kategorie „Erasmus+ Kooperationspartnerschaften & Strategische Partnerschaften“ entgegen.
⇒ über das Projekt „DiaLog – Schüler:innen diskutieren kontroverse Fragen zum Klimawandel“ mehr erfahren