In ihrem Vortrag geht Florence Borggrefeder (Zürcher Hochschule der Künste und Visiting Scholar am Zentrum für Interdisziplinäre Alterns- und Care-Forschung) der Frage nach, inwiefern künstlerische und ästhetische Praktiken als Fürsorge verstanden werden können. Ausgangspunkt ist dabei, dass Care-Theorien der Ästhetik lange kritisch gegenüberstanden und ein fürsorgendes Potenzial der Künste ablehnten (Tronto 1993; Noddings 2013); umgekehrt wurden Sorgepraktiken aus ästhetischer und kunstphilosophischer Perspektive kaum erforscht. Hier setzen aktuelle philosophische, aber auch literatur-, kunst- und theaterwissenschaftliche Positionen ein: Sie stellen die Schnittfläche von Sorge, Ästhetik und Kunst in den Mittelpunkt ihrer Forschungen und eröffnen damit ein produktives Forschungsfeld der Care-Theorie (Donovan 2016; Millner/Coombs 2022; Saito 2022; Thompson 2023). Care wird hier zugleich als ethische und ästhetische Praxis verstanden, die sich nicht nur in den Künsten, sondern auch im Alltäglichen äußert. Am Beispiel des Forschungsparadigmas der ästhetischen Fürsorge wird also für eine Verbindung der philosophischen Ästhetik und Handlungstheorie mit den interdisziplinären Diskursen der Care-Theorie plädiert, um den ästhetischen Dimensionen der (Für)Sorge gerecht zu werden und zugleich gegenwärtige Sorgestrukturen und -kulturen in ihrer Komplexität und Vielfalt zu erfassen.
In einer Kooperation des Zentrums für Interdisziplinäre Alterns- und Care-Forschung (CIRAC) sowie des Schwerpunktbereichs „Wahrnehmung: Episteme, Ästhetik, Politik“ der Geisteswissenschaftlichen Fakultät und des Clusters „Aging, Demography & Care“ im Forschungsnetzwerk „Heterogenität und Kohäsion“ der Universität Graz, des Forschungsschwerpunkts Ästhetik der Zürcher Universität der Künste und des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien nähern sich Prä- und Post-Docs über einen Vortrag (17.10.2024) und einen interdisziplinären Workshop (18.10.2024) kritisch diesem Diskursfeld und bearbeiten Care-Begriffe aus einer persönlichen und fachdisziplinären Perspektive.