Das Bild von Europa, welches das öffentliche Bewußtsein des 17. und 18. Jahrhunderts bis in die Zeit der Französischen Revolution prägte, ist vielfach von einem Werk bestimmt, das erstmals 1614 erschienen war: der lateinisch geschriebenen Icon animorum des schottischen Autors John Barclay (1582-1621), einem Panorama der europäischen Nationen, ihrer geopolitischen Situierung und ihrer nationalen und kulturellen Eigenheiten. Europa existiert als Ensemble unterschiedlich charakterisierter Nationen, deren Kulturen aufgrund unterschiedlicher geographischer Gegebenheiten und Traditionen im Wettstreit miteinander stehen. Um so überraschender, daß sich im 1791 erschienenen Schlußband von Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit die Prognose findet: »alles neigt sich in Europa zur allmäligen Auslöschung der Nationalcharaktere«, und die Zukunft des Kontinents liege in der Weiterentwicklung des »Allgemeingeistes« seiner so unterschiedlichen Völker (Ideen, Buch XVI/6). Drei Gesichtspunkte von Belang ergeben sich aus diesen Quellen, um diesen »Allgemeingeist« Europas bei Herder zu konturieren: Ein neues Europa wäre einmal das Resultat eines Friedensprojekts, das auf der Beendigung der Territorialkriege beruhen sollte, welche die Monarchen des Ancien Regime seit dem Spanischen Erbfolgekrieg (1701/14) das ganze 18. Jahrhundert hindurch geführt hatten. Der zweite Gesichtspunkt, das mit diesem Projekt verbunden ist, ist jedoch die definitive Bindung der bis dahin »absoluten« Herrscher an Verfassungen, die jede Willkür aus dem politischen Handeln verbannen würde. Die Reform der Außenpolitik, ihre Ausrichtung an einer friedlichen Bündnispolitik und die Etablierung eines verfassungsmäßigen Zustandes als Grundlage der Innen-, Wirtschafts- und Kulturpolitik des Staates läßt – und dies ist der dritte Gesichtspunkt – in allen europäischen Staaten einheitlich einen neuen Stand entstehen, der die alten Führungsschichten Adel und Klerus ablösen wird; Herder spricht, in bewußter Anlehnung an die revolutionäre Parole von einem Tiers État, der sich bei ihm als Stand der Wissenschaft, der nützlichen Tätigkeit, des wetteifernden Kunstfleißes konstituiert (Ideen XX/6). Die gerechte Besitzverteilung, die Sicherheit der Mitglieder der Gemeinschaft und ihre Gleichheit ist in allen europäischen Staaten die Voraussetzung eines neuen friedlichen Europa.
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Universität Graz Veranstaltungen Wolfgang Proß (Bern/München): Das Ende des Ancien Régime und die Zukunftsperspektive Europas in Herders Spätwerk
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