Kopftuch im öffentlichen Dienst – Burka/Niqab – koedukativer Schwimmunterricht: Die Integrationsdebatte in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern wird zunehmend von Themen bestimmt, die nicht mehr unmittelbar auf die klassischen strukturellen Zielbereiche wie etwa Bildung und Erwerbstätigkeit abstellen, sondern die kulturell-religiöse "Andersartigkeit" (und deren vermeintlich integrationshemmendes Potential) von Minoritäten vor allem aus muslimisch geprägten Herkunftsländern in den Fokus rücken. Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Integration stellen sich zunehmend nicht nur auf der sozialstrukturellen, politischen und rechtlichen, sondern auch auf der kulturellen Ebene. Der Blick auf die Einstellungen der Bevölkerung ist schon deshalb erforderlich, da entsprechende Regelungen und Verfahren häufig mit Bezug auf bestehende soziale Spannungs- und Konfliktlinien entworfen werden und nur in dem Maße zu greifen vermögen, wie sie auf gesellschaftliche Unterstützung stoßen. Dabei gilt es, nicht nur die entsprechenden Orientierungen der Mitglieder der "Mehrheitsgesellschaft" in den Blick zu nehmen, sondern auch die Haltungen, Wünsche, Wahrnehmungen und Einschätzungen der Minderheiten zu berücksichtigen. Letztere wurden im Projekt "Integration und Religion aus der Sicht von Türkeistämmigen in Deutschland" (IRST) auf der Basis einer eigens dazu durchgeführten Umfrage aus den Jahren 2015/16 untersucht. Der Vortrag soll einen allgemeinen Einblick in die zentralen Ergebnisse dieser Untersuchung gewähren, aber auch erste Interpretations- und Erklärungsversuche zur Diskussion stellen.
Olaf Müller, Dr. phil., arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Religionssoziologie am Institut für Soziologie (Prof. Dr. Detlef Pollack) und am Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.